Ein Gespräch mit Hideo Iwasaki, Game Director von Actraiser Renaissance

Kecke Engel, menschliche Helden und Ideen, die es nicht geschafft haben – wir sprechen mit dem Game Director von Actraiser Renaissance über sein neues Werk.
Von Duncan Heaney
Schlagwörter: Actraiser Renaissance

Für viele Spieler war Actraiser Renaissance eine wundervolle Überraschung.

Das ursprüngliche Super Nintendo-Spiel war ein echtes Original, das Städtebau und Plattforming auf eine Weise miteinander verschmolz, die dafür sorgt, dass sich diese Mischung auch 30 Jahre später immer noch einzigartig anfühlt. Ein Revival dieses geliebten Klassikers war eine wirklich aufregende Aussicht für viele.

Aber Actraiser Renaissance ist kein einfaches Remake. Das neue Spiel erfindet den damaligen Titel für modernes Publikum neu und bringt moderne Grafiken, überarbeitetes Gameplay, verbessertes Level-Layout und sogar komplett neue Features mit.

Und doch – trotz all seiner neuen Ideen fängt Actraiser Renaissance immer noch perfekt den Geist des Originalspiels ein. Das kann keine einfache Aufgabe für das Team gewesen sein, und so dachten wir, dass wir uns mit dem bewanderten Game Director Hideo Iwasaki zusammensetzen sollten, um herauszufinden, wie das Team sein Ziel erreicht hat.

Actraiser Renaissance Trailer

Hallo Herr Iwasaki – danke für das Gespräch mit uns. Fangen wir mit einer offensichtlichen Frage an: Warum sollte man ActRaiser überhaupt zurückbringen?

So viele Spieler haben uns um ein Revival der Super Nintendo-Version von ActRaiser gebeten.

Der 30. Jahrestag der Japan-Veröffentlichung stand bevor, also beschlossen wird, Actraiser Renaissance zu machen, um dem Wunsch der Spieler zu entsprechen.

Actraiser Renaissance Screenshot - Fillmore Akt 1

Warum hat man heute noch so wohlige Erinnerungen an das Spiel?

Ich glaube, das liegt an der Verschmelzung von Plattforming und Städtebau – das ist ein Spielkonzept, das sich heute noch frisch und einzigartig anfühlt. Und natürlich auch wegen der wundervollen Musik, die Yuzo Koshiro komponiert hat.


Was haben Sie beim Start des Remake-Projekts als Erstes getan?

Wir haben uns die Super Nintendo-Version genau angesehen und das Team hat darüber diskutiert, welche Teile wir behalten und welche wir ändern sollten.

Beispielsweise wollten Spieler in der damaligen Zeit, als das ursprüngliche Spiel veröffentlicht wurde, dass Spiele um der Schwierigkeit willen schwer sind. Das bedeutete, dass es viele Bereiche gab, wo die Spielbalance oder die Platzierung interaktiver Gegenstände auf der Sicht modernen Spieler irrational war. Solche Dinge haben wir uns sorgfältig angesehen.

Auf der anderen Seite versuchten wir, die Layouts und Mechaniken der Originalversion möglichst zu bewahren, weil wir fanden, dass sie keine Probleme hatten. Wir wollten sicherstellen, dass das Feeling des Originals nicht untergraben wird.

ActRaiser: Renaissance Screenshot "Übersichtskarte"

Es überrascht, dass sich die Gebiete im Spiel selbst mit neuen Layouts und verbesserten Grafiken noch wie im Original anfühlen. Wie haben Sie das geschafft?

Wir haben die Mechaniken des Originals so gut wie möglich wiederbelebt.

Der gehende Baum beispielsweise, der in Fillmore Akt 1 auftaucht, war im Originalspiel schwer zu überwinden. Aber wir beschlossen, ihn zu behalten. Wir dachten, dass er einen wichtigen Beitrag dazu leisten würde, das Gameplay-Gefühl von damals zurückzubringen.

Auch alle Monster des Originals wurden zurückgebracht, allerdings mit aktualisierten Erscheinungsformen.


Die Mischung aus Alt und Neu muss dennoch herausfordernd gewesen sein…

Ja, wir wussten: Wenn wir uns zu sehr vom Original entfernen, dann würden die Spieler den Titel nicht als ActRaiser wahrnehmen. Aber wenn wir einfach nur die Originalfeatures beibehalten, dann wären neue Spieler nicht daran interessiert. Diese Balance zu finden, stellte uns während der Entwicklung vor die meisten Probleme. Um diese zu lösen, führten wir jedes Mal interne Diskussionen, wenn wir neue Grafiken und Spielelemente oder Szenarien hinzufügten, um sicherzustellen, dass die Änderungen mit dem nötigen Respekt der Originalversion gegenüber gemacht wurden.

Actraiser Renaissance Screenshot - Bloodpool

Neu am Spiel ist beispielsweise der Siedlungs-Belagerungsmodus. Was hat den inspiriert?

Dieser Modus entsprang dem Gedanken, dass der Antagonist des Spiels, Tanzra (und seine Untergebenen, die örtlichen Bosse jedes Gebiets) nicht einfach untätig herumstehen und dem Herrn des Lichts dabei zusehen würden, wie er Städte in den von ihnen kontrollierten Gebieten wieder aufbaut.

Außerdem wurde im Originalspiel alles dem Engel überlassen, selbst wenn die Monster aus ihren Nestern erschienen. Eines unserer Ziele in Actraiser Renaissance war, mehr Tiefe in die Beziehung zwischen dem Herrn und seinem Volk zu bringen, indem die Leute sich selbst den Bedrohungen stellen.

Screenshot: "O Lord, we thank you for your loving guidance."

Die Helden, die man in die Siedlungsbelagerung bringen kann, sind toll. Wie sind Sie auf diese Charaktere gekommen?

Die Persönlichkeiten der Helden wurden auf Basis der Charakteristiken jedes Gebiets in der Originalversion bestimmt.

Zum Beispiel basierte die Fillmore-Region auf einer idyllischen Gemeinde zu Zeiten der griechischen Mythologie, also erschufen wir Philotas mit dem Bild eines Helden griechischer Sagen vor Augen.

Ein anderes Beispiel: Aitos hat einen Vulkan wie den Mt. Fuji, und die Monster im Actionteil ähneln japanischen Geistern (Yokai), was zu Migrana führte, die die Bildwelt der mythischen Ära in Japan widerspiegelt.

Wir entwickelten die Heldencharaktere auch, indem wir Geschichten hinzufügten, die mit Ereignissen im Original zusammenhingen, beispielsweise das Auftauchen einer Pyramide und der Bau eines mysteriösen Tempels.


Haben Sie einen Lieblingshelden?

Ich mag alle Charaktere, kann also nicht einfach nur einen als Liebling wählen!

Aber eine Geschichte, die Eindruck bei mir hinterlassen hat, war die von Teddy aus Bloodpool, der auch im Original auftauchte, und Daniella, die mit der Vertiefung ihrer Beziehung zu Teddy stärker wird.

ActRaiser: Renaissance Screenshot - Fillmore

Haben Sie jemals einen Modus erwogen, bei dem die eigenen helden eine gegnerische Sieldung angreifen, statt nur die eigene zu verteidigen?

Nein – die Helden sind sehr stark, aber sie sind immer noch Menschen. Die Verteidigung ihrer eigenen Siedlungen kostet all ihre Kraft, und den Rest müssen sie dem Spieler überlassen, dem Herrn des Lichts. Das ist die grundlegende Geschichte des Spiels, weshalb wir also Elemente wie den Angriff auf gegnerische Siedlungen nicht in Betracht gezogen haben.


Was die Spieler wirklich mögen, sind die witzigen Konversationen, die die Helden mit dem kecken Engel-Ratgeber führen. Warum haben Sie diesen Ansatz bei dieser Figur gewählt?

Die Helden huldigen dem Herrn des Lichts nicht von Beginn an. Allerdings glaubt der Engel, dass der Herr vollkommen ist, also geraten sie manchmal miteinander in Konflikt.

Die Menschen sind aber nicht die Gegner des Herrn des Lichts oder des Engels, also dachten wir, dass die Interaktionen zwischen ihnen in einem gewissen Rahmen witzig sein sollten. Und der Engel wirft den Leuten zwar wie in der Originalversion ein paar sarkastische Sprüche entgegen, doch wir haben darauf geachtet, Dialoge einzubauen, die zeigen, das er hinter der Fassade die Menschen so schätzt wie der Herr das tut.

Actraiser Renaissance Screenshot Minotaurus

Ebenfalls neu im Spiel ist die finale Welt Alcaleone. Die unterscheidet sich ziemlich von den anderen Gebieten…

Alcaleone ist unserem Wunsch geschuldet, eine Karte ins Spiel zu bringen, die weitläufiger ist als alle anderen in der Originalversion.

Nachdem die Heldengeschichten in jedem Gebiet in einem einheitlichen Format waren, fanden wir, dass wir ein Szenario bräuchten, wo die sechs Helden zusammenkommen und miteinander interagieren können. Wir beschlossen, Alcaleone als Bühne für diese Geschichte zu nutzen.


Wollten Sie irgendwas ins Spiel bringen, was es dann doch nicht hingeschafft hat?

Wir haben das meiste von dem umgesetzt, das wir im Kopf hatten, aber eine Sache hat es nicht ins finale Spiel geschafft.

Zunächst überlegten wir uns ein System, bei dem das Alter Ego der Spieler:innen, der Herr des Lichts, abhängig von seinen Aktionen andere Titel bekommen würde. Wenn man beispielsweise einen Spielstil verfolgte, der eine heftige Zerstörung des Dorfes zur Folge hatte, hätten wir ihn „Gott der Zerstörung“ genannt, während er zum „Gott der Güte“ geworden wäre, wenn man die Zerstörungen minimal gehalten und den Menschen Almosen gegeben hätte. Und so weiter.

In Wirklichkeit gab es aber nicht allzu viel Unterschied in den Spielstilen verschiedener Spieler:innen, so wie das schon in der Originalversion der Fall war. Und so ließen wir diese Idee fallen.

Actraiser Renaissance Screenshot "Angel"

Wollen Sie zum Schluss noch ein Wort an die Fans richten, die das neue Spiel schon erlebt haben?

Ich hoffe, dass ihr mit Actraiser Renaissance Spaß habt, nachdem wir es nun nach 30 Jahren wiederbelebt haben.

Alle im Entwicklerteam haben hart daran gearbeitet, ein Werk zu erschaffen, das den Spielern des Originals ebenso viel Spaß bringt wie denen, die es zum ersten Mal erleben.

Es würde uns über alles freuen, wenn ihr Freude an den neu hinzugefügten Teilen in diesem Spiel hättet, aber auch an den Elementen, die von der Originalversion stammen.


Vielen Dank an Herrn Iwasaki, dass er sich die Zeit für unsere Fragen genommen hat. ActRaiser war immer ein einzigartiges Spiel, und Actraiser Renaissance verquickt auf perfekte Weise das Flair des Originals mit cleveren neuen Ideen.

Wenn ihr es noch nicht ausprobiert habt, dann tut das doch bitte. Das Spiel ist jetzt erhältlich auf PS4, Switch und bei Steam.

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