Ein Jahr später: Komponist Keiichi Okabe schaut zurück auf NieR:Automata

Von Square Enix Team
Schlagwörter: NieR Automata

NieR:Automata wurde vor einem Jahr veröffentlicht. Der Komponist denkt an die Kreation einer der meistgeliebten Soundtracks von 2017.

Das original Interview findet sich im PlayStation Blog US. Wir haben es hier frei für euch ins Deutsche übersetzt.

Erlaubt mich vorzustellen. Mein Name ist Keiichi Okabe. Ich bin der CEO von Monaca, Inc. und arbeite zurzeit als Komponist von Backgroundmusik (=BGM) in Videospielen und verschiedensten Anime. Ich war auch zuständig für die Komposition von NieR:Automata.

Normalerweise, wenn ich die BGM für ein Videospiel erstelle, werden die Tonarbeiten zwei bis drei Monate vor dem Verkauf abgeschlossen und wenn das Spiel erscheint, befinde ich mich auf Events und gebe Interviews. Dann, innerhalb eines Monats ungefähr, ist das Projekt abgeschlossen.  

Allerdings begannen wir bei NieR:Automata kurz nachdem wir die In-Game Soundtracks fertiggestellt hatten, am Original Soundtrack (=OST) zu arbeiten. Dann, unmittelbar danach, fand ein Event namens "The Memories of Puppets" ("Die Erinnerung der Puppen") statt; es handelte sich um eine Kombination aus einem Konzert und einer Voice-Over Performance. Im Anschluss kam die Vinyl-Version des OST in den Handel, das "Arranged & Unreleased Tracks" Album wurde veröffentlicht und die Bühnenshow "YoRHa" fing an... Es war ein durchgehender Strom an Events und Releases, und bevor ich es bemerkte, war ein Jahr vorbei. 

Bei vorherigen Titeln, an denen ich arbeitete, war das Gefühl immer "wenn es veröffentlicht wird, bin ich fertig", aber bei NieR:Automata war es nicht nur unvollendet, es ging auch noch immer weiter.

Demgemäß würde ich nun gerne ein paar Fragen beantworten:

Die original NieR-Musik kam extrem gut an.  Was hattest du für Pläne, um die Tradition weiterzuführen, und sicherzustellen, dass die Fans beim zweiten Teil nicht enttäuscht sein würden?

Das vorherige NieR war eher ein Fantasy-Abenteuer, die Story war flüchtig und traurig, also komponierte ich etwas Mysteriöses, zart und vergänglich. Wenn man das mit NieR:Automata vergleicht: Die Musik geht mehr in die Richtung Sci-Fi, also wollte ich sie dynamischer machen. Um das zu erreichen, aber auch das alte "NieR-Gefühl" beizubehalten, benutzte ich menschliche Laute und "Stimmen“ für jeden Track, um am Ende dasselbe melancholisch flüchtige Gefühl zu erhalten. Ich denke, das Ergebnis war eine Verbindung aus dynamischem Rhythmus und schwermütiger Melodie ergab eine "NieR-artige Musik".

Welche Methoden nutzt du, um deine vielen Ideen dann jeweils zu einer Komposition zusammenzubringen?

Erst denke ich über die Bilderwelten und die Situation nach, worauf ich dann mit Herz und meine Seele beginne Töne und Sound dazu zu kreieren. Das bringt die Szene erst richtig zur Geltung. Die Reihenfolge aber, in der ich komponiere und die Elemente zusammenbringe, ist von Song zu Song verschieden lacht. Bei Kampf-Musik, wo die Geschwindigkeit sehr wichtig ist, starte ich oft mit dem Rhythmus und führe den Track von da an fort. Bei anderen Liedern folge ich mehr dem typischen Prozess, in dem bestimmte Instrumente - z.B. eine wiederholte Streichphrase – aufgesetzt werden, und ich darauf aufbaue. Für Songs, die sehr emotional sind, stelle ich mir jemanden vor, der singt und komponiere eine Melodie, bei der ich das Gefühl kriege, das sie das Herz bewegt, wenn sie gesungen wird. Dann erstelle ich den Rest des Tracks um die Melodie herum, um sie noch besser wirken zu lassen.

Kennst du irgendwelche lustigen Geschichten über den Erfinder Yoko Taro und den Produzenten Yosuke Saito aus eurer Zeit mit NieR:Automata?

Gewöhnlich fragte Yoko Taro einfach nach einem Song für eine bestimmte Szene. Generell nutzte er meine Kompositionen dann wie erwartet, aber manchmal nutzte er sie auch auf ganz andere, unerwartete Weise. Der Song "Alien Manifestation" sollte zunächst für eines der letzten Levels sein. Aber als ich den Anfang des Spiels spielte und anfing den Charakter zu steuern, dachte ich "Waaaas? Dieser Song, hier!?" und lachte nur noch.

Yosuke Saito sagte nie wirklich viel zu mir über die Musik, während wir in der Erstellung waren. Er wollte nur, dass ich eine neu angeordnete Version von einem ursprünglichen NieR-Song reinnehme oder ähnliches. Wenn Yoko-san und ich zufrieden waren, war er auch zufrieden.

Yoko-san ist eine sehr eigenwillige Persönlichkeit als Entwickler. Er lässt sich nicht leicht beeinflussen. Ich persönlich denke immer, dass die Produzenten, die ihn annehmen sehr mutig sind lacht. Ich fand Saito-sans Umgang mit der Herrschaft des "randalierenden Yoko Taro" immer sehr beeindruckend. Vielleicht ist er einfach so gut? Oder er hat viel Liebe und Bewunderung für Yoko-san? Ich weiß es nicht, aber während der Erfolg von NieR:Automata auf jeden Fall Yoko-sans Fähigkeiten obliegt, glaube ich nicht, dass es ohne Saito-san etwas geworden wäre. Er ist jemand, den ich sehr respektiere. Dass sage ich auch nicht nur so, dass denke ich wirklich! Er ist einfach unglaublich lacht.

Wie sollen sich deine Fans fühlen, wenn sie deine Musik hören?

Ich bin Teil einer Generation, die Musik aus Nord Amerika und Europa verehrte. Also als ich anfing zu komponieren, war ich sehr von westlicher Musik getrieben und versuchte sie nachzuahmen. Aber je mehr ich das tat, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass mein eigener Stil sehr japanisch war. Ich fing an mich zu fragen, was für Musik ich wirklich machen könnte, und durch viele Versuche, wurde die Musik für NieR geboren. Ich hörte mir Musik auf der ganzen Welt an, verinnerlichte und absorbierte sie auf meine ganz eigene Weise und setzte meine eigenen Emotionen und meine japanischen Wurzeln ein. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht wie sich meine Fans auf der West-Seite fühlen, wenn sie meine Musik hören, aber wenn sie sie mögen und sie sie bewegt, macht mich das sehr glücklich.

Nachdem NieR:Automata veröffentlicht wurde, wie war die Reaktion deiner Fans? War es sehr stressig, bevor das Spiel rauskam? Warst du erleichtert? Hast du alles erreicht, was du mit den Spiele-Songs erreichen wolltest?

Ich stand sehr unter Druck. Das macht es sehr anstrengend, Songs zu schreiben. Ich fing an, erste Stücke zu komponieren und habe sie immer wieder umgeschrieben, in der Hoffnung sie zu verbessern. Aber als ich das immer wiederholte, lief mir irgendwann die Zeit davon. Es war chaotisch bis zum Ende lacht. Ich war sehr überrascht zu hören, dass die Leute es noch viel mehr mögen, als ich erwartete. Ehrlich gesagt war es eine echte Überraschung, dass ich für so viele Preise nominiert wurde und sie auch gewann. Ich glaube, dass NieR:Automata ein sehr gelungenes Spiel ist, und ich glaube fest daran, dass die Spiele-Erfahrung die Musik in einem noch besseren Licht erscheinen lässt. Es mag Teile geben, die nicht perfekt sind, aber ich glaube, das weil wir sind, wer wir sind, hier und jetzt, ist es uns gelungen, eine Art von "Charme" zu erzeugen – und das ist etwas Besonderes. 

Zuletzt möchte ich jedem, der NieR:Automata gespielt und den Soundtrack gehört hat, danken! Vielen, vielen Dank. Ich war auf einer Reihe Events in Japan und konnte die ersten Reaktionen der Fans sehen und mit ihnen kommunizieren, aber ich habe auch viele Reaktionen aus dem Westen bekommen, und es macht mich sehr glücklich. Ich träume von dem Tag, an dem wir ein Event im Westen veranstlaten, bei dem ich euch alle persönlich kennenlernen kann. Ich werde mein Bestes tun, damit dieser Traum real wird, also bitte, feuert mich weiter an!

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