Ein Blick hinter das Netz von Spider-Man in Marvel's Avengers
Der Synchronsprecher von Spider-Man, Sean Chiplock, und Narrative Designer Jessica Krause erklären, warum Peter Parkers Verletzlichkeit ihn zu einem Weltklassehelden macht.Spider-Man ist eine Lichtgestalt, die keiner Vorstellung bedarf. Und nun schwingt er bzw. Peter Parker sich in die Mitte der Avengers - bestückt mit Netzen, Sprüchen und dem Wunsch nach Hilfe durch die mächtigsten Helden der Welt.
Er wird vom hochtalentierten Synchronsprecher Sean Chiplock (FINAL FANTASY VII REMAKE INTERGRADE) zum Leben erweckt, und von Autorin Jessica Krause, die den Charakter mit echter Menschlichkeit ausstattet. Vor Kurzem haben wir uns mit den beiden zusammengesetzt, um über ihren Ansatz bei dieser faszinierenden Version von Spider-Man zu sprechen.
Beginnen wir mit dir, Sean. Erzähl uns, wie du an Spider-Man herangegangen bist.
Sean: Darüber habe ich schon eine ganze Weile nachgedacht, und entschuldigt bitte, wenn es jetzt ein bisschen schwermütiger wird.
Ich verlor meine Mutter, als ich frisch am College war, und das bürdete mir eine Menge Verantwortung auf, für die ich einfach bereit sein musste - weil ich einfach keine andere Wahl hatte. Ich war das älteste Geschwister in meiner Familie, ich musste meinem Vater bei vielen Dingen helfen und darüber hinaus versuchte ich, ab dem Zeitpunkt, als ich aufs College kam, an meiner Karriere zu arbeiten.
Ich hatte das Gefühl, dass ich mit all diesen Dingen fertig werden musste, und das musste alles mit den Anforderungen, die nun an mich gestellt wurden, in Einklang gebracht werden. Und manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich erst dann in der Lage war, mich selbst zu erkennen, wenn ich die ganzen Dinge getan hatte, die für alle anderen um mich herum getan werden mussten.
Und wenn das nicht Spider-Man ist - vor allem dieser Spider-Man -, dann weiß ich auch nicht!
Seine Dialoge zeigen, dass er wirklich viel mitgemacht hat, bis er die Avengers trifft.
Sean: College ist einer der wesentlichen Lebensabschnitte bei jemandem seines Alters, für mich war es das auch - diese Zeit zementiert das, was du als Mensch bist. Es ist fast schon ironisch, dass jemand, zu dessen Fähigkeiten es gehört, an Sachen kleben zu bleiben, so sehr damit kämpft, dass ihm die Dinge nicht durch die Finger gleiten - ob es nun sein Sozialleben oder sein Identitätsbewusstsein ist oder sein Verständnis davon, was für ein Mensch er ist versus welchen Menschen die anderen brauchen.”
Das war einer der witzigsten Aspekte bei der Erkundung seines Charakters - wann muss er das mutige Gesicht aufsetzen und wann fällt die Fassade? Bei ihm ist das so: "Ich brauche eine Pause. Ich kann das nicht weitermachen. Ihr müsst mich mich sein lassen, sonst verliere ich das Gefühl dafür, wer ich eigentlich bin!"
Wie bist du an den Kampf zwischen seiner wahren Persönlichkeit und der Rolle des Spider-Man herangegangen?
Sean: Wenn man ein Spieler ist, dann hat man sicher schon Spiele erlebt, in denen man eine Maske aufsetzt, um eine andere Rolle zu schlüpfen - The Legend of Zelda: Majora's Mask oder ähnliches.
Du weißt, dass es hier eine Mechanik gibt, dass, wenn du die Maske trägst, sich langsam eine Magieleiste leert - man braucht irgendeine Art von Energie, um weiter in dieser Rolle zu bleiben. Wenn du keine Magie mehr hast, dann fällt die Maske ab und du bist wieder der, der du zuvor warst - typischerweise viel schwächer und verwundbarer.
Ich finde, dass auf Peter Parker genau das zutrifft. Es wird leichter für ihn, je öfter er seine Kräfte einsetzt, weil er seinen Platz in der Welt versteht, aber er hat nur eine begrenzte Menge "magischer Energie", um diese Maske zu verwenden. Je stressiger die Situation ist, je mehr er sich überfordert fühlt, desto schneller wird diese Energie verbraucht.
Dies ist ein weiterer wichtiger Aspekt seines Charakters im Spiel - seine Bemühungen, eine soziale Verbindung zu den anderen Avengers aufzubauen. An einem gewissen Punkt realisiert er, dass er niemals das Sozialleben haben wird, das er sich als College-Teen gewünscht hat. Wenn er also ein gewisses Familiengefühl zu den Leuten entwickeln kann, mit denen er die meiste Zeit verbringt, dann wird er sich nicht mehr total alleine fühlen. Wenn er nicht alles selbst schultern muss, dann wird diese Energie nicht so schnell verbraucht.
Das ist einer der großen Punkte der Spider-Man-Story in Marvel's Avengers - seine Suche nach dieser Art von Akzeptanz für die Art von Mensch, die er geworden ist, ohne dass er dabei seinen Identitätssinn verliert.
Die engsten Bande knüpft er ja mit Kamala. Warum funktionieren die beiden Charaktere miteinander?
Sean: Kamala macht auf Anhieb Sinn für mich. Sie ist ihm beim Alter am nächsten, sie ist seiner Generation am nächsten. Und er hat ein gewisses Interesse an ihr, er testet an ihr, ob er immer noch fähig ist, lustig zu sein und das andere Geschlecht anzuziehen.
Jess: Kamala ist ja unser Ich-Charakter im gesamten Avengers-Spiel, also ist es wirklich wichtig, sie so viel wie möglich in die Mitte der Truppe zu rücken. Aus Kamalas Perspektive ist es einfach nur nett, jemanden zu haben, der ungefähr in ihrem Alter ist.
Peter ist ein Oberstufenschüler und liegt damit zwischen Kate Bishop und Kamala. Als wir anfangs über ihn sprachen, da stellten wir ihn uns als jemand vor wie diesen Freund auf dem Campus, dem man immer mal wieder über den Weg läuft - und wenn das geschieht, dann fühlt es sich an, als wäre überhaupt keine Zeit vergangen.
Kamala ist auch eine der wenigen Avengers, denen Spider-Man etwas sagt, denn sie lebt in Jersey City. Jenseits des Flusses liegt New York, so dass sie ihn natürlich in den hiesigen Nachrichten gesehen hat. Er ist ein Lokalmatador. Also freut sich Kamala über die Chance, ihn in die Truppe zu bringen und zu sagen: "Hey, du bist in meinem Alter, ich habe deine Entwicklung mitbekommen und ich will ein bisschen ausflippen."
Er scheint auch Black Widow nach zu stehen...
Jess: Die andere Person, die Spider-Man bereits kannte, ist Black Widow, weil sie eine Geheimagentin ist und einfach alles weiß. Peter kann sich mit ihr identifizieren, weil sie die einzige der Avengers ist, die sich mit der Handhabung einer geheimen Identität auskennt - deshalb wendet er sich für Rat an sie.
Black Widow ist auch ein großartiges Barometer der Gruppe. Wenn Natasha sagt, dass jemand cool ist, dann ist dieser Jemand cool. Abgesehen von Cap vertraut man in der Gruppe am meisten auf ihr Urteil. Sie hatte Peter fünf Jahre lang im Blick, so dass sie weiß, dass er die Avengers nicht hintergehen wird - auch wenn er seine Identität nicht preisgeben oder seine Maske fallen lassen will. Und sobald sie die Daumen nach oben reckt, tut das auch der Rest der Avengers.
Sean: Black Widow bereitet ihm das Feld für eine Beziehung zu den anderen Avengers. Seine Bindung zu ihr kommt vielleicht auch daher, dass es ihm leichter fällt, Anschluss an starke, selbstbewusste Frauen zu finden, weil solche Frauen bis zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt haben - Tante May zum Beispiel.
Leute wie Tony Stark und Steve Rogers besitzen bereits Verwandtschaft und ihren eigenen inneren Zirkel, ich denke also, Peter vertraut auf Black Widow, um zu erfahren: "Wie stell ich mich in dieser Gruppe Leute an? Was denken sie von mir?"
Hilfreich ist wahrscheinlich auch, dass Black Widow das Teammitglied ist, das sich am isoliertesten fühlt. Wenn die Person im Team, über deren Privatleben Peter am wenigsten weiß, einen Wert darin sieht, ihn zum Freund zu haben, dann dürfte er in einer ziemlich guten Position für den Rest des Teams sein.
Über die Jahre hinweg gab es viele Versionen von Spider-Man. Was unterscheidet diese Interpretation des Charakters von anderen?
Sean: Ich glaube, sie ist eine der verwundbarsten. Er ist alt genug, dass er um die Bedeutung weiß, die seine Kräfte haben. Aber er ist immer noch zu jung, um eine echte Vorstellung davon zu haben, was er von seinem Leben will.
Wie ich sagte, mit dem Verlust meiner Mutter verschwammen meine ersten zwei Jahre auf der Highschool. Ich erinnere mich nicht an viel, außer wirklich langen Nächten und der Überwindung dieses unerwarteten Verlusts. Ich kann mich also mit der Vorstellung identifizieren, dass er versucht, Fähigkeiten zu erlernen, die er sich nicht selbst aneignen konnte, weil er zu beschäftigt mit all diesen für ihn weltbewegenden Dingen war.
Das ist ein wirklich interessanter Blickwinkel, denn er ist der einzige Avenger, bei dem wir so eine Sache ausloten können. Steve Rogers muss der Inbegriff von Gerechtigkeit und Schutz sein, Tony Stark ist unglaublich intelligent und kann im Handumdrehen eine Lösung aus dem Ärmel schütteln, und Black Widow ist so trainiert, dass sie mit allem zurechtkommt! Spider-Man bietet eine einzigartige Möglichkeit, zu erleben, wie jemand nicht ganz so Perfektes die Verantwortung stemmt, die ihm auferlegt wird.
Jess: Dass er so nachvollziehbar ist, ist absolut großartig an Spider-Man als Charakter. Ich würde nicht sagen, dass er total formbar wäre, aber man kann ihn so anpassen, dass er in verschiedene Welten passt.
Der Peter Parker der 1960er beispielsweise wäre auf schräge Weise cool, wenn er in die heutige Zeit verpflanzt würde - und Peter kann kein cooler Teenie sein. Also mussten wir ihn anpassen, damit er in die Welt von 2021 passt. Nicht zu viel, er wird nicht durchgehend Tweets ablassen, aber bei ihm läuft viel über Telefonnachrichten und solche Dinge. Abgesehen davon ist er ganz deutlich noch derselbe Charakter.
Und wie Sean sagt, Spider-Man ist es erlaubt, verwundbarer zu sein als andere Helden. Peter ist immer kurz davor, selbstbewusst zu sein, und dann schreit er innerlich, weil er nicht weiß, wie er mit vielen dieser Dinge umgehen soll.
Sean: Man kann das in einigen der Dialoge erleben - er beendet eine Aufgabe und meint stolz: "Ich hab das gemacht!" und dann er dreht den Kopf und sagt im selben Atemzug: "Oh Gott! Ich hab das gemacht!"
Jess: Mit am liebsten schreibe ich Fahrstuhldialoge. Weil er so verletzlich und neugierig ist, erlaubt er anderen Charakteren, das ebenfalls zu sein.
Beispielsweise kann er im gleichen Atemzug, in dem er mit Captain America darum wetteifert, ob nun Queens oder Brooklyn besser ist (die Antwort lautet übrigens Queens), auch so drauf sein: "Hey, du hast sofort Muskeln bekommen, ich hab über Nacht Muskeln bekommen… Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Wird es sich irgendwann mal normal anfühlen?"
Und beizeiten erzählt Cap, wie er sich immer noch wie ein Kind der 1940er fühlt, und dass es nervt. Und dass das Gefühl nicht weggeht, und dass man irgendwie damit leben muss. Spidey also als Vehikel zu nutzen, um ein paar Schwachstellen der anderen Helden zu ergründen, war wirklich, wirklich spaßig.
Spider-Man ist einer der berühmtesten Superhelden der Welt. Lastet da ein Gewicht auf deinen Schultern, wenn du eine Figur spielst, die so geliebt wird?
Sean: Oh mein Gott, wie könnte da kein Gewicht auf mir lasten?
Ich erinnere mich daran, wie ich aus dem Vorsprechen für die Rolle kam und da einen meiner männlichen Kollegen sitzen sah. Mein Gehirn fing sofort an: "Er wäre der Wahnsinn in dieser Rolle! Hoffentlich trifft er den Nagel so richtig auf den Kopf."
Als ich realisierte, dass ich der bin, der diese Chance bekommt, da hatte ich diesen Moment: "Cool! Ich bin so stolz auf mich." Aber auch: "War das die richtige Entscheidung? Bin ich fähig, das hinzubekommen?"
Ich fühlte mich langsam mehr wohl in der Rolle und eine Menge meines wachsenden Selbstbewusstseins kam tatsächlich von meinem Mangel an Selbstbewusstsein. Ich grübelte über die Situation, in der Peter Parker steckt - er verspürt wahrscheinlich eine Menge der Gefühle, die ich auch hatte. Er agiert selbstsicher, weil er das muss, nicht weil er es tatsächlich ist.
Es ist ein ständiger Tanz zwischen dem, womit er sich wohlfühlt und einer Art von "tu so, als ob, bis du's wirklich draufhast"-Einstellung.
Ich bin dankbar, dass es frühere Rollen gab, bei denen ich noch weiter außerhalb meines Wohlfühlbereichs spielen musste als bei dieser, und ich musste mich schwer auf meinen Regisseur verlassen, dass er mich dahin führt, wohin ich gehen musste. Ich konnte auf dieser Erfahrung aufbauen und das machen, womit ich mich gut fühlte. Wenn der Regisseur etwas nicht mochte oder wollte, dass etwas anders gemacht wird, dann unterstützte er mich dabei. Solange ich darauf vertrauen konnte, fühlte sich alles, was ich tat, authentisch an.
Spider-Man ist jetzt in Marvel's Avengers auf PS4 und PS5 spielbar.
Neben ihm gibt es auch einen neuen Raid namens "Diskordante Harmonie", der die Avengers zu einer finalen Schlacht gegen Klaue antreten lässt. Der Raid fordert all eure Fähigkeiten heraus und steht ab sofort allen Spielern von Marvel's Avengers zur Verfügung.
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