Die Entstehung der Musik in Forspoken

Wir sprechen mit dem Komponisten Garry Schyman über den richtigen Sound für Athia, die Zusammenarbeit mit Bear McCreary und die Herausforderung, in einer Pandemie einen Soundtrack zu produzieren.
Von Duncan Heaney
Schlagwörter: Forspoken

Athia, die Welt in Forspoken, ist wunderschön - und dabei sprechen wir nicht nur von den weiten Blicken über das Land. Das Spiel ist mit einem großartigen Soundtrack gesegnet, den ihr jetzt kaufen könnt - der in Zusammenarbeit von Komponist Garry Schyman (Bioshock) mit Bear McCreary (God of War) entstanden ist.

Wir hatten vor Kurzem die Möglichkeit, uns mit Schyman zusammenzusetzen, um über sein faszinierendes Werk in Forspoken zu sprechen, die Inspirationen für diesen markanten Soundtrack und vieles mehr. Wir präsentieren hier auch zwei Stücke aus dem Spiel, zusammen mit Garrys Einblicken - hört sie euch auf jeden Fall an!

Hallo Garry. Wie kam es zu deiner Beteiligung an Forspoken?

Luminous Productions hatten sich an meinen Agenten gewandt, und sie meinten, dass sie sowohl an mir, als auch an Bear McCreary interessiert seien.

Glücklicherweise hatten Bear und ich bereits im Jahr zuvor ein Gespräch über eine mögliche Zusammenarbeit geführt. Wir sind schon lange Freunde und die Vorstellung, ein Projekt gemeinsam zu machen - insbesondere ein Spiel - war für uns beide äußerst interessant.

Als wir also auf Forspoken aufmerksam gemacht wurden, dachten wir, dass das eine ideale Gelegenheit zur Zusammenarbeit wäre. Luminous und Square Enix zeigten sich sehr offen gegenüber diesem Gedanken, und so ging dann alles los!


Was an Forspoken weckte bei dir den Wunsch an einer Beteiligung?

Bevor wir unterschrieben, schickten sie uns einen Entwurf der Story. Die war toll - sehr faszinierend. Insbesondere der Wechsel von New York in diese Fantasywelt lieferte eine Möglichkeit, die Musik fast schon zweizuteilen.

Auch wenn die Spieler:innen die meiste Zeit in Athia verbringen, fanden wir, dass diese Idee musikalisch recht interessant und witzig wäre.

Zudem wussten wir, dass wir Ressourcen wie die Aufnahme mit einem Orchester hätten. Das war also alles, was ein Komponist hören will - eine großartige Story von einem talentierten Entwickler und einem wunderbaren Publisher. Es brauchte nicht viel, um uns zum Mitmachen zu bewegen - alle Mosaiksteine waren auf dem Tisch, und es machte Sinn.

Als brandneuer Titel muss Forspoken musikalisch eine leere Leinwand gewesen sein. Macht es das herausfordernder, den richtigen Sound zu finden, als wenn man an einer etablierten Marke arbeitet?

Es ist ja immer eine Herausforderung. Das musikalische Vokabular zu finden, ist bei jeglichen Projekten der härteste Teil.

Ich weiß nicht, ob es schwieriger oder weniger schwierig war, eine leere Seite zu haben. Bear und ich diskutierten und fanden einen Stil. Dieser Tage besitzen Komponisten wunderbare Technologien, die uns erlauben, Dinge aufzubohren, damit es klingt, als käme ein Orchester direkt aus unseren Computern. Es war uns also möglich, Demos zu liefern und es hin- und hergehen zu lassen, bis wir unseren Stil für das Spiel fanden.


Wie hast du den "richtigen" Sound für das Spiel gefunden?

Es gibt da diesen Witz, dass ein Komponist schreiben kann, was er will, solange die Leute, für die er arbeitet, es mögen. Das ist der Deal. (lacht)

Aber der Prozess ist ganz unabhängig vom Projekt normalerweise derselbe. Man schickt ihnen die musikalischen Ideen, die man an seinem Computer aufgenommen hat und fragt: "Was haltet ihr davon?"

Natürlich reagiert man auf das, worum es im Spiel geht, auf das Skript und Informationen aus den Meetings. Man steckt alle diese Informationen in seinen... nennen wir es "kreativen Köcher", und beginnt dann, die Pfeile zu verschießen.

Bear und ich spielten ständig Ideen-Ping-Pong und führten Diskussionen. Wir spielten einander Sachen vor, und dann ging es: "Ja, das ist wirklich cool, aber was wäre, wenn du auch noch ein bisschen davon hinzufügen würdest?" Damit, und mit all den Informationen, die wir bekamen, fanden wir ziemlich schnell den Sound des Spiels!

Wie würdet ihr den Sound jemandem beschreiben, der Forspoken noch nicht kennt?

Unsere Werkzeuge für den Sound selbst waren Synthesizer und Samples, aber auch ein fantastisches Orchester samt Chor. Und wir hatten natürlich eine Sängerin, India Carney, die musikalisch sowas wie die Stimme von Frey in unseren Soli ist.

Ich würde es eine Fantasy-Musik nennen, oder sowas in der Richtung - aber ich habe versucht, eine wirklich interessante Komplexität hinzuzufügen. Es ist eine tonale Musik - für die Musiker da draußen (lacht) -, aber sie kann schon mal ziemlich dissonant werden, wenn Frey epische Schlachten schlägt. Sie spielt innerhalb der Traditionen orchestraler Fantasymusik, besitzt aber einen eigenen Dreh.

Argh, "einzigartige Fantasymusik mit eigenem Dreh", das klingt voll nach PR. (lacht) Ich lasse die Hörer:innen selbst entscheiden.


War das Team vom Start weg bezüglich der musikalischen Richtung mit an Bord?

Ja, und die meiste Zeit waren meine Intuitionen richtig und Stücke wurden beim ersten Anlauf abgesegnet. Natürlich gab es auch Zeiten, da passte sie nicht, und dann bekam ich bei bestimmten Stücken Feedback vom Team dazu.

Und das war wirklich wertvoll - ich vertraue dem Entwicklerteam so sehr, weil es mit diesem Spiel schon Jahre lebte, bevor ich überhaupt dazustieß. Die Entwickler wissen instinktiv, was passt und was nicht funktioniert, also nahm ich ihr Feedback sehr ernst.

Bei einigen der besten Stücke, die ich für Forspoken geschrieben habe, lief das so - der erste Ansatz war nicht wirklich richtig, und indem ich tiefere Einsichten vom Team bekam, war es mir möglich, Musik zu machen, die wirklich zur Situation passt.

Welche Inspirationen gab es für die Komposition dieses Soundtracks?

Ich denke, dass die wichtigsten Inspirationen vom Spiel selbst kamen. Allerdings sind wir auch offenkundig geprägt von all unseren Erfahrungen beim Schreiben und Komponieren - all die Musik, die wir gehört haben, von der Popwelt bis zu wunderbarster Klassik. Das drückt sich alles in unserem Stil und unseren Kompositionen aus.

Ich lausche mein ganzes Leben lang Musik. Unter anderem hat wohl "Die Planeten" von Gustav Holst großen Einfluss - das ist eine der großartigsten Fantasymusiken aller Zeiten. Und natürlich gibt es sogar Hip-Hop-Einflüsse, wenn wir in New York sind und die meiste Zeit zu Anfang des Spiels.

Aber ich bin ein sehr intuitiver Komponist. Wenn ich etwas komponierte, dann gab es keinen wirklich logischen Grund für das, was da entstand - das war mehr Bauchgefühl oder Intuition. Natürlich ließen wir alles vom Team absegnen, und sie liebten es, und dann fühlte sich das cool an.

Und wenn du dann mit dem Orchester, dem Chor und der Sängerin aufnimmst, dann ist das die Kirsche auf der Torte!


Wie würdest du deine Erfahrung beschreiben, an diesem Spiel zu arbeiten?

Ich hatte eine großartige Zeit beim Schreiben der Musik! Es hat wirklich Spaß gemacht! Das Coole ist, dass es jede Menge Kämpfe gibt, und ich habe tonnenweise Musik dafür geschrieben, mehr für dieses Spiel als je zuvor. Aber es gab auch immer diese Möglichkeiten - wenn Frey die Welt erkundet -, ein bisschen schöne Musik zu schreiben.

Das war auch faszinierend, einladend und aufregend für mich, weil in Videospielen - besonders in "Triple-A"-Spielen - oftmals eine Menge spannungsvolle, treibende Actionmusik vorhanden ist. Wenn man also die Chance hat, etwas so Emotionales und Schönes zu machen, dann ist das ein echter Genuss für mich.

Was war die größte Herausforderung an diesem Projekt?

In dem Spiel gibt es jede Menge Action und Kampf - man bekämpft die Tantas und all diese unterschiedlichen Monster, und ich musste viel Kampfmusik schreiben. Auch wenn alle Situationen unterschiedlich sind, so schreibt man doch immer Actionmusik, und ich versuchte verzweifelt, mich nicht zu wiederholen.

Ich fühlte mich ein bisschen wie in der griechischen Sage mit Sisyphus, der einen Hügel einen Stein hochrollt, nur damit der wieder hinunterrollt. Jeden Morgen musste ich ein anderes Kampfthema schreiben und dafür sorgen, dass es frisch ist. (lacht)

Das war eine Herausforderung, vor allem zum Ende hin - aber ich bekam kein Feedback vom Team, dass die Musik klingen würde wie etwas, das ich früher bereits abgeliefert hätte. Ich denke also, ich hab's hinbekommen! Hoffentlich denken das auch die Spieler:innen und die Leute, die sich die Musik anhören.


Die Musik wurde auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie geschrieben und produziert. Wie hat sich das auf die Arbeit ausgewirkt?

Als wir die Musik aufnahmen, war COVID auf jeden Fall noch ein Thema. Wir nahmen einiges davon in Nashville auf, wo die Beschränkungen nicht so strikt waren wie in Kalifornien. Es gab ein paar - jeder musste Maske tragen und die Musiker mussten zwei Meter voneinander entfernt sein -, aber zumindest konnten sie gemeinsam spielen.

Vielleicht wissen manche nicht, dass Nashville ein beliebter Ort für Musikaufnahmen geworden ist. Man hat dort sehr hart daran gearbeitet, die Stadt zu einem der besten Orte für die Aufnahme von Videospielmusik zu machen. Wenn du Musik für ein Videospiel, TV oder Kino machst, dann musst du sehr gut lesen können.

Du magst fantastisch Beethoven und Brahms spielen können, aber es ist was anderes, in ein Studio zu gehen, dich mit deinem Instrument hinzusetzen, einige oft sehr komplexe Partien zu lesen und sie so zu spielen, dass sie geschliffen und schön klingen.

Es gibt viele Orchester, die das nicht beherrschen, und ein paar, die es tun. Nashville hat diese Fähigkeit entwickelt, es gefiel mir also, dort aufzunehmen - und wir waren vorsichtig und niemand ist krank geworden.

Der Chor wurde in Los Angeles auf einer Bühne der Warner Bros. Studios aufgenommen. Das war knifflig, weil die Sänger:innen voneinander getrennt sein mussten. Das ist nicht ideal - man will einen Chor beieinander haben, damit jede und jeder die anderen hören kann, und nicht durch etwas getrennt ist, das aussieht wie ein transparenter Duschvorhang. Mein Techniker sah das und meinte nur, "oh scheiße". (lacht)

Zum Glück hatten sie Kopfhörer, sie konnten sich also gegenseitig hören, und es klang dann auch großartig. Es wäre idealer gewesen, sie mehr auf einem Fleck zu haben, aber ich fand, dass die Sänger:innen in L.A. eben so gut sind, dass wir dort einfach aufnehmen mussten, ungeachtet der Beschränkungen.


Garry war auch so nett, uns zwei unglaubliche Stücke aus Forspoken präsentieren zu lassen und seine Gedanken dazu mit uns zu teilen. Hört sie euch an:

Cipal, the Last Bastion

Das ist ein tolles Beispiel für eines dieser Stücke, bei denen meine Richtung erst mal falsch war - ich glaube, es war erheblich düsterer und Unheil verkündender, als das Team erwartet hatte. Ich bekam nützliches Feedback, das mich zu dem Track inspirierte, den man hier hört.

Cipal ist eine Stadt in... nun, tiefem da-da. (lacht) Sie schwebt in großer Gefahr, von diesen dunklen Mächten, die sie umgeben, überwältigt zu werden. Aber sie ist auch eine Stadt mit reicher Vergangenheit, und es gibt da eine Vornehmheit.

Also habe ich versucht, etwas über diese Aspekte der Stadt zu schreiben. Ich wollte den Spieler:innen das Gefühl geben, dass hier etwas ist, das ihrer Sorge wert ist.

Vagabond

Es gibt eine Reihe Leitmusiken, die man hören kann, wenn man Athia erkundet und diese sehr inspirierenden Blicke über die Landschaft schweifen lässt. In "Vagabond" hört man auch den wunderschönen Gesang von India Carney, wodurch meiner Meinung nach das Gefühl dieses Spielgebiets wirklich repräsentiert wird.

Wie "Cipal, the Last Bastion" handelt es sich um einen sehr tonales Stück. Spielkomponisten bekommen nicht immer die von ihnen erstrebte Menge an Möglichkeiten, schöne Musik zu schreiben - zumindest mir geht es so.

Ich mag die Vielfalt der Musik, die Spiele bieten - alles von düsterer, gruseliger, dissonanter Musik bis zu Stücken, die wunderschön und inspirierend sind. Und das ist etwas, von dem ich glaube, dass es die Spieler:innen an Forspoken mögen werden.


Vielen Dank an Garry, dass er seine Gedanken mit uns geteilt hat. Seinen wundervollen Soundtrack könnt ihr in Forspoken hören, das für PS5 und PC erhältlich ist:

Den kompletten offiziellen Forspoken-Soundtrack könnt ihr jetzt ebenfalls kaufen, und zwar über den Square Enix Store:

Um mehr über Garry Schyman zu erfahren und mehr von seiner Arbeit jenseits von Forspoken anzuhören, sollte ihr mal seiner Website einen Besuch abstatten:

Und um rund um Forspoken auf dem Laufenden zu bleiben, könnt ihr einfach dem Team auf Social Media folgen:

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