Life is Strange 2 Interview: Easter Eggs, Lieblingsmomente und ein Welpe

Die Erfinder von Life is Strange 2 diskutieren über Spoiler, Referenzen und was sie an Season One im Falle eines Remakes verändern würden.
Von Duncan Heaney

Wir haben die Ehre, unser Gespräch mit Life is Strange 2 Co-Creative Director Michel Koch und Texter Jean-Luc Cano fortzusetzen. In diesem mit Spoilern nur so gespickten Interview sprechen wir über die Gefahren eines "Fanservice", die besten und schlechtesten Abschnitte aus Season One und Erfahrungen mit Mushroom.

Solltest du den ersten Teil des Interviews ausgelassen haben, so findest du diesen hier:


Warnung: Ab hier sind nicht gekennzeichnete Spoiler aus Life is Strange und Life is Strange 2 enthalten


Es muss verlockend sein, Life is Strange 2 mit Easter Eggs und Referenzen zu Season 1 vollzustopfen. Wie schwierig ist es, Erinnerungen und Verweise einzubauen ohne die Story negativ zu beeinflussen?

Michel Koch: Es ist nicht immer einfach - Rückbezüge und Referenzen zu vorangegangen Spielen sollten die Story gar nicht beeinflussen. Natürlich hat man ständig die Gelegenheit - schließlich bewegen wir uns bei beiden Spielen in vergleichbaren Welten. Aber wir bauen so etwas nur ein, wenn es wirklich Sinn macht.

Die Arcadia Bay Szene in der ersten Episode ist ein gutes Beispiel: Es war völlig natürlich, einen Verweis auf das vorherige Spiel einzubauen, weil dieser sich logisch und sauber in diesen Teil der Geschichte einfügte.

Jean-Luc Cano: Wenn du zu häufig Rückverweise einbaust, weil du glaubst, du musst das im Sinne eines "Fan Service" tun, dann ist die Gefahr groß, zu eng an der Geschichte des ersten Teils zu kleben. Das wäre der völlig falsche Schritt. Wir wollen von der Story und vom Setting weg - wir wollen etwas Neues.

Trotzdem möchten wir nicht völlig auf Referenzen verzichten. Aber mehr will ich jetzt noch nicht verraten!

Ich habe in einem anderen Artikel über meinen Lieblingsmoment in Episode 2 geschrieben, wenn Sean und Daniel die Nacht im Wald verbringen. (Zum Artikel hier) Darüber würde ich gern noch sprechen. Die Landschaft in den Woodlands ist atemberaubend schön - wie seid ihr vorgegangen, als ihr diese "Szenerie" entworfen und umgesetzt habt?

Jean-Luc: Ich freue mich sehr, dass dir dieser Teil des Spiels gefällt. Es war eine der ersten Szenen im Spiel, die wir fertig gestellt haben, als wir mit Episode 1 begannen. Wie schön, dass es gelungen zu sein scheint.

Michel: Die Landschaft war durchaus eine Herausforderung, denn wir hatten noch nie so eine Art von Umgebung umgesetzt. Wir gingen wandern in Washington, haben ohne Ende Fotos gemacht und diese dann als Grundlage für unsere Arbeit genutzt.


Die Szene beinhaltet eine Unmenge an kleinen Entscheidungen, die alle ineinander spielen - wie lange hat es gedauert, das so aufzusetzen?

Michel: Es hat wirklich lange gedauert! Es war einer der ersten Teile, die wir umgesetzt haben als wir mit Life is Strange 2 begannen. Wir waren also nicht nur damit beschäftigt, die Szene aufzusetzen, sondern auch die grundlegende Mechanik zu entwerfen und so weiter...

Jean-Luc: Jetzt würde das viel schneller gehen!

Michel: (lacht) - Ja, das würde es. Wir haben uns auch dafür Zeit genommen, was wirklich wichtig war, weil es eine Schlüsselszene ist. Es ist ein entscheidender Moment nach dem Vorfall in Seattle. Der Spieler muss begreifen, dass er ab sofort für Daniel verantwortlich ist und dass er jetzt Entscheidungen treffen muss, die nicht nur Seans sondern auch Daniels Leben beeinflussen werden.


Stimmt, es fühlte sich so an, als sei das der Augenblick, in dem ihr einige der Hauptmotive des Spiels voran treibt - zum Beispiel, dass Sean gewissermaßen in die "Elternrolle" schlüpft und eine Vaterfigur für Daniel wird.

Michel: Korrekt - das Kapitel wirft Fragen auf, über die du dir als normaler Teenager niemals den Kopf zerbrechen würdest. Was sollen wir essen? Wo können wir schlafen? Sean wird klar - und hoffentlich geht es dem Spieler genauso - wie schwierig das Leben der beiden ab sofort sein wird.

Jean-Luc: Außerdem gibt es Daniel als starken Kontrast. Er genießt das alles, auch wenn er etwas Angst hat. Es ist an dir, ihn zu trösten und zu beruhigen. Das greift auch dieses eine große Thema auf: Die wachsende Verantwortung, wenn man erwachsen wird.

Wenn wir einen Blick auf beide Life is Strange Spiele werfen: Auf welche Szenen seid ihr besonders stolz? Wieso "funktionieren" sie so gut und hinterlassen einn Eindruck beim Spieler?

Jean-Luc: …Lieblingsmomente in den Spielen. Es gibt zu viele!

(Nach längerem Überlegen) Ich denke, das Ende der ersten Episode in Life is Strange Teil 1 funktioniert wirklich gut. Der Grundstein für die Beziehung zwischen Max und Chloe wird gelegt. Der hinterlegte Song hat einen großen Anteil daran, dass dieser Moment nachhaltig wirkt.

Genauso das Ende von Episode 3 - auch hier verändert sich die Beziehung zwischen Max und Chloe auf dramatische Art und Weise. Gleichzeitig fügen sich die Entwicklungen perfekt in die Gesamtgeschichte und die Hauptmotive der Serie ein.

Wenn wir Life is Strange 2 nehmen, dann ist es die erste Szene, die sich so fügt, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Interaktion mit Esteban, der Kampf mit Brett... ich bin überzeugt, dass es funktioniert.

Michel: Meine besonderen Moment sind eher die ruhigeren. Max und Chloe beim Schwimmen in Season 1 oder Max wacht auf und du liegst einfach im Bett und hörst Musik. "Quiet Eyes", so heißt der Song.

Wenn wir die Chance bekommen, so einen Moment der Ruhe zu erzeugen... das liebe ich.

In Life is Strange 2 mag ich den Teil, wenn Sean und Daniel in dem alten Haus im Schnee sind. Oder wenn Sean zum Rauchen verschwindet - und alles an ihm - Gesicht und Körpersprache - macht ganz deutlich, wieviel Angst er hat. Dann versucht er einen Felsen zu heben und es gelingt ihm nicht. Du kannst seine Frustration so deutlich sehen wenn er erkennen muss, dass er keine Superkräfte hat, die ihm helfen könnten.

Das alles wird nur durch den Einsatz von Musik erzeugt, völlig ohne Stimmen.


Im Umkehrschluss: Wenn ihr euch einen Abschnitt in einem der Spiele greifen und verändern könntet - welchen würdet ihr wählen und warum?

Jean-Luc: Oh, das ist eine gute Frage. Ich glaube, ich würde gar nichts verändern. Man schafft es nie, eine Szene zu 100% perfekt hinzubekommen, aber trotzdem hat jede ihre Daseinsberechtigung so wie sie ist. Verstehst du, wie ich das meine?

Michel: Ich glaube, bei mir wäre es Episode 5 in Life is Strange Season 1 - ich würde Mr Jefferson nicht ganz so zwielichtig und düster anlegen. Das war ein bißchen viel “uahaha - und jetzt erkläre ich dir meinen Masterplan.” Der Abschnitt war etwas zu lang - aber nicht, dass ich mir sicher wäre, wie ich ihn im Detail verändern würde!

Abschließend, die Masterfrage… WARUM HABT IHR MUSHROOM UMGEBRACHT?!

(Beide lachen)

Michel: Es war tatsächlich der allererste Entwurf. Wir mussten den Hund töten, weil wir die Grundregeln für Daniels Kräfte definieren wollten. Wir brauchten eine entscheidende Situation, in der diese Regeln ausgetestet werden würden.

Es ist ein Kampf zwischen Herz und Verstand, okay? Du weist Daniel an, die Kräfte nicht einzusetzen, und im gleichen Moment konfrontierst du den Spieler mit einer emotionalen Szene, in der du die Regeln herausforderst, die du selbst aufgesetzt hast.


Ach, dann seid ihr gar keine herzlosen Monster?

Jean-Luc: (lacht) Doch, das auch!

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