Making of PARANORMASIGHT: Die Rätsel und ihre Implementierung

Wie wurde dem 1980er-Jahre-Setting Leben eingehaucht und wie kamen die cleveren, die vierte Wand brechenden Rätsel im Spiel zustande? Unser tiefer Einblick ins Spiel geht weiter.
Von Edward Price

Willkommen zurück bei unserer Retrospektive von PARANORMASIGHT: The Seven Mysteries of Honjo.

In der vorigen Ausgabe dieser Artikelreihe sprach das Team über die Anfänge des Spiels und die Überlegungen, die in die Schaffung eines übernatürlichen Spiels flossen, das auf bestehenden urbanen Legenden fußt. Heute sprechen wir über die Implementierung dieser Ideen, einschließlich der Herangehensweise an die Puzzles, die die vierte Wand durchbrechen, sowie die markanten Umgebungen.

Antworten auf unsere Fragen kamen von Kazuma Oushu (Producer), Takanari Ishiyama (Director), Gen Kobayashi (Character Designer) und weiteren Projektbeteiligten. Wir hoffen, dass euch ihre Einblicke gefallen.

Teil 1 der Retrospektive findet ihr hier:

Veröffentlichungstrailer von Paranormasight The Seven Mysteries of Honjo

PARANORMASIGHT unterscheidet sich mit seiner 360-Grad-Perspektive von vielen anderen Visual-Novel-Titeln. Wie haben Sie diesen Effekt erreicht?

Dieser Einfall kam vom Character Designer Gen Kobayashi.

Wir gingen nach Sumida in Tokio und machten dort einige Panoramafotos mit einer Kamera, die 360-Grad-Aufnahmen erlaubte. Nachdem wir das getan hatten, erschufen wir Hintergründe auf Basis dieser Fotos und feilten hier und dort an ihnen, um näher an die 1980er-Ästhetik zu kommen, die wir im Sinn hatten.

Dies bedeutet, dass wir eine Gameplay-Erfahrung schaffen konnten, die Raum und Tiefe in einer Weise nutzt, wie das in 2D-Adventure-Spielen normalerweise nicht geschieht.


Wie haben Sie die Umgebungen so angepasst, dass sie wie in den 1980ern aussehen?

Einige Leute, die wussten, wie diese Gegend damals aussah, waren freundlich genug, die Hintergründe für uns durchzusehen und uns zu sagen, wenn wir bestimmte Details anpassen oder verändern mussten.

Dazu gehörte beispielsweise, dass Gebäude einfacher aussehen oder wir die Straßen dreckiger machen mussten.

Screenshot aus dem Spiel mit einem Mann und einer Frau, die auf einer Brücke stehen und einander zugewandt sind

Kam auch Hilfe vom Bezirk Sumida, um das Spiel so naturgetreu wie möglich zu machen?

Im Besonderen betraf diese Unterstützung die Hintergründe des Spiels. Als wir unsere Panaroma-Aufnahmen für das Spiel machten, mussten wir auch einige Bereiche fotografieren, die der Öffentlichkeit für gewöhnlich nicht zugänglich sind, und dafür hatte man uns im Vorfeld die Genehmigung erteilt.

Und als wir alles mit mehr 1980er-Feeling versahen, versorgte man uns mit Materialien aus dieser Zeit. Zudem überprüfte man die Bilder und Grafiken, die wir für das Spiel erstellt hatten, und gab uns Feedback dazu, damit wir alles so verfeinern konnten, dass es mehr nach dem Sumida von damals aussah.


Wie viel Zeit verbrachten Sie mit der Erkundung des Bezirks Sumida, und wie trafen Sie die Entscheidung, welche Teile davon ins Spiel kommen?

Wir befanden uns recht nahe an Sumida, und so besuchten wir den Bezirk auch häufig und erkundeten zu Fuß jede Ecke und jeden Winkel. Soweit uns das möglich war nutzten wir öffentlich zugängliche Bereiche als Orte, die mit den sieben Mysterien in Verbindung stehen, also Parks und so etwas, damit die Spieler:innen die Möglichkeit haben, sie in der Realität zu besuchen.


Gab es irgendwelche realen Schauplätze, die sie gerne verwendet hätten, die aber nicht zum finalen Spiel gepasst hatten?

Der Toyko Skytree ist zwar die bekannteste Sehenswürdigkeit in Sumida, wegen der zeitlichen Einordnung des Spiels findet er sich aber dort nicht wieder. So mussten wir ihn also jedes Mal, wenn er auf einen Foto auftauchte, bei der Erschaffung der Hintergründe für das Spiel entfernen.

Screenshot aus dem Spiel, der vier Charaktere und englischen Dialog zeigt: "I trust you remember the kidnapping and murder case from last year?"

Das Spiel besitzt mehrere Enden, einschließlich eines geheimen zusätzlichen Endes. Wie implementierte das Team diese verschiedenen Enden ins Spiel?

Takanari Ishiyama (Director): Für jeden Charakter-Pfad durch das Spiel gibt es verschiedene Ziele, weshalb wir Enden entwickelten, die zu diesen Zielen passten, und sie ins Spiel integrierten.

Ich fand eigentlich, dass dieses Spiel gar nicht so viele verschiedene Enden hat, wenn man es mit einem typischen Visual-Novel-Titel vergleicht. Ich persönlich denke, je mehr Verzweigungen die Story eines Spiels hat, desto schwerer wird es für die Spieler:innen, nachzuverfolgen, auf welchem Weg sie an welche Informationen kamen. Deshalb ist es mir lieber, nicht so viele Enden zu schaffen, um das Ganze nicht zu überfrachten.


Im ersten "Akt" des Spiels trifft man auf andere Charaktere, die von den Spieler:innen durch den Rest der Story hindurch aus der Perspektive von Shogo gesteuert werden können. Was waren ihre Absichten hinter diesem Design?

Ishiyama-san: Es war notwendig, während dieses ersten Akts die Charaktere einzuführen, die später in der Story auftauchen würden, weshalb wir damit begannen, diesen Abschnitt auf eine Weise zu designen, dass Shogo Okiie auf all die anderen Charaktere trifft.


Man bemerkt auch, dass einige der Charaktere (wie Harue) sich etwas anders im Prolog und später in spielbarer Form verhalten. Ist das so, weil Shogo ein andere Perspektive auf sie hat? Oder ändern sich ihre Persönlichkeiten im Lauf der Zeit?

Ich denke, dass das so ist, weil im Prolog die Aktionen von Shogo und den Spieler:innen die Situationen beeinflussen, in denen sich die Charaktere später in der Story wiederfinden. Ihre Aktionen haben also Folgen.

Zudem wird dieser Abschnitt aus der Perspektive von Shogo erzählt. Die Art, wie er jeden Charakter sieht, ist also anders. Abgesehen davon unterscheiden sich ihre Charaktere und Persönlichkeiten aber nicht vom dem, wie sie im Rest der Story auftauchen.


Was war die größte Herausforderung, der sie sich bei der Schaffung des Spiels stellen mussten?

Hier handelt es sich um ein Abenteuerspiel mit einer riesigen Menge an Text, weshalb es die größte Herausforderung war, die englische Version gleichzeitig mit der japanischen zu veröffentlichen.

Wir hatten das große Glück, dass wir auf die Mithilfe eines sehr fähigen Übersetzers bauen konnten, der fristgerecht eine hochqualitative Übersetzung lieferte.


Screenshot, welcher eine Frau und englischen Dialog zeigt: "No... This... this can't be! No! No! Aaa...aaah...!"

Sprechen wir über einen unserer Lieblingsaspekte in Spielen: die Rätsel!

Früh im Spiel informiert uns der Erzähler, dass die Lösung eines bestimmten Rätsels miteinschließt, dass man etwas tut, von dem man selbst weiß, dass man es tun sollte, der Charakter aber nicht. Wie hat diese Philosophie das Design der Rätsel im Spiel beeinflusst?

Ishiyama-san: Streng genommen denke ich nicht, dass dies als Lösen eines Rätsels zählt, weil das Spiel einem Hinweise gibt und im Verlauf des Ganzen sehr deutlich wird. Aber ich dachte, dass die Erfahrung, die wir Spieler:innen über diese Art von Technik und Präsentation bieten können, etwas wirklich Einzigartiges wäre.


Einige Rätsel brechen die vierte Wand – beispielsweise beim Stummschalten des Sounds in den Einstellungen, um nicht durch Geräusche verflucht zu werden. Gab es irgendwelche anderen Spiele, die Sie zu diesem Ansatz inspiriert haben?

Ishiyama-san: Vor vielen Jahren arbeitete ich an der Entwicklung von Metal Gear Solid für die PlayStation, und ich glaube, dass mich das beeinflusst hat.

Diese Erfahrung, dass es in Ordnung ist, sowas zu tun, hat wirklich zur Arbeit an diesem Spiel beigetragen.


Gleichwohl scheint es, als wären Sie wirklich vorsichtig gewesen, wie und wann Sie diese Momente hinzufügen, in denen die vierte Wand durchbrochen wird. Warum ist das so?

Ishiyama-san: Der Hinweis auf das letzte Rätsel soll die Spieler:innen vom Spiel trennen, weshalb wir von Anfang an eine Reihe verschiedener Momente reingebracht haben, die den Spieler:innen helfen sollen, sich dessen bewusst zu sein.

Die Lautstärke runterzudrehen war beispielsweise einer dieser Momente.

Screenshot aus dem Spiel, der einen Mann zeigt

Wie haben Sie das Spiel so ausbalanciert, dass die Rätsel zwar clever sind, sie aber dennoch von den Spieler:innen gelöst werden können?

Ishiyama-san: Nachdem wir uns einiges Feedback aus den Playtests angehört hatten, nahmen wir ein paar Anpassungen an der Art vor, wie diese Hinweise präsentiert werden.

Davon abgesehen denke ich, dass die Art, wie Informationen präsentiert werden, die wichtigste Überlegung in einem Mystery-Spiel ist, und ich glaube, dass wir das gut hinbekommen haben, weil wir jahrelange Erfahrung in diesem Bereich haben.


Welcher Gedanke stand dahinter, das wahre Ende so schwer erreichbar zu machen?

Ishiyama-san: Wenn man in der heutigen Zeit nicht weiß, wie man einen bestimmten Abschnitt in einem Spiel überstehen soll, dann kann man einfach online nachsehen und die Antwort finden. Ich wusste also, dass die Spieler:innen nicht komplett festhängen würden, wenn wir die Sache ein wenig schwieriger gestalten. Wir haben den Spieler:innen absichtlich nicht viel Hilfe angeboten.

Gleichwohl denke ich, dass das hier ein Niveau ist, auf dem die Leute selbst auf die Lösung kommen können.


Gab es irgendwelche Rätsel, die Sie gerne integriert hätten, dies aber aus Zeitgründen oder weil sie nicht im Spiel funktioniert hätten, nicht konnten?

Ishiyama-san: Wir verwenden sie vielleicht in der Zukunft, weshalb meine Lippen hier versiegelt sind!

Screenshot aus dem Spiel, der zwei Charaktere und englischen Dialog zeigt: "Let's hope they didn't see our faces."

Vielen Dank an das Team für diese Einblicke. In Kürze werden wir Teil 3 dieser Artikelreihe veröffentlichen, in der wir mit den Entwicklern über die Reaktionen nach der Veröffentlichung des Spiels sprechen und einige brennende Fragen zu Story und Charakteren beantworten werden. Da schürfen wir dann richtig tief, Leute!

Falls ihr PARANORMASIGHT: The Seven Mysteries of Honjo noch nicht ausprobiert habt, dann solltet ihr das jetzt tun. Das Spiel ist für Nintendo Switch, PC via Steam, iOS- und Android-Geräte erhältlich.

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